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26 Meme – Patrick Breitenbach vom Soziopod über virale Ideen

Patrick Breitenbach kennen wir bereits aus einer früheren Folge. Dort hat er uns seinen Podcast, den SozioPod, vorgestellt. Heute steigen wir daher direkt ein in das nächste spannende Thema: Die Meme. Patrick hat mit Kollegen schon ein Buch geschrieben, das ihr auf seiner Homepage http://patrickbreitenbach.de/ findet. In einem Kapitel geht es auch um Internet-Meme.

Was sind Meme?

Der Begriff des Mems tauchte zum ersten Mal in Richard Dawkins Buch “Das egoistische Gen” (im Original: “The selfish gene”) auf. Dawkins ist ein großer Evolutions-Theorie Fan und er geht sogar soweit zu sagen, dass wir Menschen (und alles andere Lebende) eigentlich nur Vehikel für die Gene sind. Die Gene brauchen uns nur als Hülle, um sich weiter verbreiten zu können. Es gibt in der menschlichen Gemeinschaft allerdings Phänomene, die Dawkins nicht mit seiner Gen-Theorie in Einklang bringen kann. Wir reden hier von Dingen wie Modetrends, Sprache und allem, was mit Ideen zu tun hat, die rein biologisch/physiologisch schlecht greifbar sind. Für diese Ideen, die sich ja, wie Gene auch, weiter verbreiten, sucht er einen neuen Replikator-Begriff. An dieser Stelle führt er das Wort “Mem” (engl. “meme”) ein.

Wie funktionieren Meme?

Das Wort “Mem” setzt sich aus “memory” (engl. für Gedächtnis) und “mimicry” zusammen, was soviel wie Nachahmung bedeutet. Dawkins sagt nämlich, das, was bei den Genen Fortpflanzung ist, ist bei den Memen zum Einen Kommunikation und zum Anderen Nachahmung oder Imitation. Sprache zum Beispiel entsteht dadurch, dass Babies die Laute der Sprache imitieren und irgendwann anfangen, dem Bedeutung beizumessen. Oder Modetrends: Plötzlich trägt ein Star gelbe Stiefel und alle imitieren ihn, wodurch es zum Mem wird. Das Mem rund um das Wort “Mem” entstand beispielsweise, als unter Anderem Susan Blackmore und Daniel Dennett das Konzept aus Dawkins Buch aufgriffen und weiter ausarbeiteten und verbreiteten. Meme verbreiten sich rasend über die sozialen Netzwerke: Denken wir nur mal an “Grumpy Cat”. Außerdem haben Meme die Fähigkeit, menschliches Verhalten maßgeblich zu verändern. So werden beispielsweise Kriege geführt auf Grund der Idee, dass der eine Gott mehr wert sei als ein anderer.

Mutation und Selektion

Genau wie in der Genetik gibt es auch im Bereich der Meme Mutation und Selektion. Mutation bedeutet in der Genetik, dass DNA falsch kopiert wird, sie “mutiert”, was natürlich schlimme Folgen haben kann. Selektion hingegen bedeutet, dass DNA gar nicht mehr kopiert wird, sondern “ausselektiert” wird. Auf der Ebene der Meme wäre Selektion folgendes: Mir wird eine Geschichte erzählt, die ich blöd finde. Deshalb erzähle ich sie nicht weiter, hindere sie also daran, sich weiter zu verbreiten bis sie eventuell “ausselektiert” ist, also nicht mehr existiert.

Das geht “viral”

Der Begriff viral kommt tatsächlich vom Virus, der einen Organismus befallen kann. Viren bestehen fast ausschließlich aus Erbmaterial (DNA und RNA) und brauchen als Vehikel und um sich zu vervielfältigen den Menschen oder ein anderes Tier. In diesem Vehikel nistet das Virus sich ein und wird mit jedem Niesen weiter verteilt an den nächsten Organismus. So ähnlich funktioniert das mit Memen: Auch die vervielfältigen sich in Menschen und werden wieder raus gelassen um den nächsten zu infizieren, mit neuem Gedankengut in diesem Fall. Deswegen können auch Ideen viral gehen. Zwar haben wir ein Immunsystem, das sich gegen Viren wehrt, jedoch funktioniert das manchmal nicht. Das ist ebenfalls auf Meme übertragbar. Gegen manche Ideen können wir uns einfach nicht wehren, besonders wenn Emotionen mit hoher Erregbarkeit mit im Spiel sind wie Wut, Angst oder Liebe. Diese Emotionen erhöhen das Verbreitungspotential enorm.

Was sind “Memplexe”?

Memplexe sind die Zusammenfassung von mehreren Memen. Ein bekannter Memplex wäre beispielsweise die Kirche mit ihren ganzen Geschichten rund um Jesus. Interessant dabei ist, dass Jesus als Mittelpunkt benutzt wurde, um ganz viele Geschichten rund um ihn herum aufzureihen. Das ist praktisch, denn zusammen verbreiten sie sich viel besser als alleine. Außerdem entsteht so ein mächtiges Gebilde, dem viele Menschen anhängen und das viele Menschen vereint. Seit der Aufklärung hat der Memplex Christentum allerdings viel an Macht verloren; den Menschen gefallen die Geschichten rund um Jesus wohl nicht mehr gut genug, um sie verbreiten zu wollen.

Was bringt uns das Wissen über Meme?

Im Bereich Kommunikation und Medien beispielsweise ist das Wissen über Meme hilfreich für das Entwerfen von Inhalten, die sich gut verbreiten sollen. Gleichzeitig macht uns das Wissen über Meme natürlich unanfälliger für dieselben, weil wir sie zumindest manchmal durchschauen. Das kann uns helfen, uns nicht von schlechten Ideologien mitreißen zu lassen. Genau dieses Wissen über Meme kann aber auch bewirken, dass wir uns verloren fühlen: Schließlich helfen Geschichten dem Menschen ja auch, Dinge einzuordnen und sich zurecht zu finden im Chaos der Welt. Geschichten vereinen Menschen, kreieren Zugehörigkeit und Identität. Alles immer zu hinterfragen kann daher natürlich auch unglücklich machen. Doch das Bewusst-Werden über die Macht der Meme, oder die Macht der Idee, ist besonders heute wichtig. Das Internet verbreitet Meme in einem rasanten Tempo und wir sollten uns bewusst darüber sein, damit wir kein Opfer davon werden, oder zumindest nicht so oft.

Was macht ein gut funktionierendes Mem aus?

Es sollte Emotionen ansprechen, besonders erregende Emotionen. Etwas sollte “atemberaubend” sein. Aber auch praktischer Nutze kann wichtig sein: Wie hilft das Mem mir persönlich, irgendein Problem zu lösen? Das könnten dann zum Beispiel klassische Tutorials sein. Was sich auch immer gut verbreitet sind Meme, die denjenigen, der sie weiterverbreitet gut aussehen lassen, sozusagen Prestige aufbauen. Man kennt ja diese Tests auf Facebook, wo man beispielsweise seinen Wortschatz testen kann. Dort schneidet natürlich jeder gut ab und manche teilen das dann auch, um klug zu wirken. Andere greifen sich an den Kopf. Auch wirkungsvoll: Gutes Storytelling. Meme, die eine gute Geschichte erzählen, indem sie Emotionen ansprechen und an Bekanntes anknüpfen funktionieren gut. Für die Dinge, die wir schon kennen oder die gerade aktuell sind, sind wir viel leichter zugänglich, denn die haben schon einen Platz in unserem Gehirn. Es ist dann recht einfach, dort anzuschließen.

Meme und Video

Besonders gut funktionieren Meme auch in Videos: Dort ist es besonders einfach, etwas schon Bekanntes oder Atemberaubendes mit etwas Neuem zu verbinden und so beides “zu verkaufen”. Unten habe ich euch ein paar Clips verlinkt, bei denen das klar wird. Zum Beispiel der Sprung von Felix Baumgartner: Das hat Red Bull gut ausgenutzt und ihn von oben bis unten mit Werbung voll gepackt. Ganz wichtig ist natürlich, dass die Verbindung da ist: Red Bull ist ja bereits bekannt für solche Aktionen, also passt es auch beim Sprung aus dem Weltraum super rein.

Und zum Schluss: Baut gute Meme, falls ihr welche baut und schützt euch vor schlechten!

 

Webseiten:

http://patrickbreitenbach.de/

http://soziopod.de/

Meme:

Volvo
https://www.youtube.com/watch?v=M7FIvfx5J10

Edeka Supergeil
https://www.youtube.com/watch?v=jxVcgDMBU94

Red Bull: Felix Baumgartner Jump
https://www.youtube.com/watch?v=FHtvDA0W34I

Printing Wikipedia
http://alexboerger.de/blog/as-seen-on-wow-wikipedia-ausdrucken-sorgt-international-fuer-aufsehen/

17 Patrick Breitenbach Soziopod – Was bringt Podcasting, Soziologie und Philosophie?

Wenn man Patrick Breitenbach fragt, was er tut, dann kommt man lange nicht mehr zu Wort: Man hat den Eindruck er tut tausend Dinge. Patrick ist Freelancer, und arbeitet als solcher unterem Anderem als Formatentwickler und Innovations-Manager. Ganz nebenbei war er auch lange Zeit an der Karlshochschule in Karlsruhe Dozent. Und was uns natürlich besonders interessiert: Er ist, zusammen mit seinem Partner Dr. Nils Köbel, Herausgeber des Podcasts “SozioPod” und die beiden haben mit ihrem Podcast bereits den Grimme Online Award gewonnen.

Worum geht es beim SozioPod?

Der SozioPod beschäftigt sich mit den großen Fragen dieser Welt. Wie funktioniert Gesellschaft? Was ist Philosophie? Welche Denkerinnen und Denker gibt es und welche Welterklärungsansätze schlagen diese vor? Im Mittelpunkt stehen entweder Denkerinnen und Denker und deren Ansichten oder übergreifende Themen wie “Gewalt”. Auch aktuelle Themen, wie derzeit Flucht und Migration, fließen in den SozioPod mit ein. Dabei ist der Anspruch immer, tief in die Materie einzusteigen und viel Inhalt und viele Perspektiven zu bieten, möglichst ohne zu werten. Bildung soll wieder auf die Straße gebracht werden, das heißt, sehr sperrige Themen rund um Soziologie und Philosophie sollen locker vermittelt werden. Das soll vor allem Leute ansprechen, die sich für Soziologie und Philosophie interessieren, aber bisher davor zurück geschreckt sind.

Wie kam es zum SozioPod?

Patrick und Nils kennen sich schon seit 20 Jahren und haben sich seither immer über philosophische und soziologische Themen unterhalten. Lange Zeit aber nur zu Hause auf der WG Couch, ohne viele Zuhörer. Vor circa fünf Jahren war es dann Patrick, der vorschlug, ihre Gespräche aufzuzeichnen, da vielleicht auch andere Menschen sie interessant finden könnten. Und so war es auch! Die Resonanz war sehr schnell sehr gut und das hat die beiden natürlich ermutigt, weiter zu machen. Da Patrick schon als Blogger Reichweite hatte, erreichte der SozioPod schnell viele Leute und die Mundpropaganda hat das Restliche dazu getan.

Geschichten, die der SozioPod schreibt

Patrick interessiert sich nicht so sehr für die harten Zahlen rund um seinen Podcast, wohl aber für die Geschichten der Menschen, die ihn hören. Eine seiner schönsten Geschichten ist die eines jungen Hörers, der sein Abi hinwerfen wollte. Als er aber anfing, den SozioPod zu hören, fand er ihn so grandios, dass er sich entschlossen hat, sein Abi zu machen und danach Philosophie zu studieren. Oder auch die Geschichte von einem Vater, der durch das Hören des SozioPods im Auto mit seinem 16jährigen Sohn tiefgehende philosophische Gespräche führt, die sonst niemals zustande gekommen wären. Größeres Lob kann ein Podcast doch gar nicht bekommen! Patrick findet es am schönsten, Leute zu bewegen, und das schafft der SozioPod ganz offensichtlich. Sogar in so großem Maße, dass eine Lektorin auf Patrick und Nils zukam, weil sie selbst ein so großer Fan des SozioPod ist und unbedingt ein Buch aus dem Podcast machen wollte – was dann ja auch passiert ist.

Was bringt es mir mich mit Philosophie und Soziologie auseinander zu setzen?

Diese Frage kann Patrick nur für sich persönlich beantworten: Ihm macht es unwahrscheinlich viel Spaß, sich auf die Suche nach den Antworten auf die großen Fragen des Lebens zu begeben. Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin werde ich gehen? Warum brauchen wir Religion und bringen uns im Namen von Ideen gegenseitig um? Diesen Fragen geht Patrick nach, indem er sich Input von möglichst vielen klugen Leuten holt und sich daraus seine Antworten strickt. Außerdem ist jede Bildung wichtig für ein gelungenes Zusammenleben, besonders auch philosophische Bildung.

Vorsicht, Komplexität!

Sich mit philosophischen und soziologischen Themen auseinanderzusetzen führt dazu, dass die Welt nicht mehr schwarz und weiß ist. Man erkennt, dass es unendlich viele Blickwinkel gibt und das macht das Leben scheinbar erst mal komplizierter, wie Patrick sagt. Man entwickelt eine neue, skeptischere Grundhaltung und hinterfragt scheinbar alltägliche Dinge. Warum gibt es überhaupt Geld? Diese Fragen sind es aber genau, die einem dann helfen, kreativ zu werden und neue Ideen zu entwickeln. Wer vor zu viel Komplexität zurück schreckt und es lieber einfach und wie gehabt haben will, den warnt Patrick vor dem SozioPod mit seinen philosophischen Themen.

Philosophie Anfänger-Tipps

Patrick ist der Überzeugung, dass man keine Philosophen gelesen haben muss, um sich mit philosophischen Fragen zu beschäftigen. Seiner Meinung nach sind alle Menschen Philosophen (was auch der Titel eines Buches von Karl Popper ist, das er empfiehlt). Wenn man anfängt, sich grundlegende Fragen über das Leben zu stellen, naiv Dinge zu hinterfragen, dann ist man schon philosophisch unterwegs. Am besten funktioniert das natürlich im Dialog mit anderen, mit guten Freunden beispielsweise. Warum nicht abends mal Fragen diskutieren, wie “Wie haben Menschen wohl vor 4000 Jahren gedacht?” statt sich übers Wetter zu unterhalten? Das Selbstverständliche immer wieder zu hinterfragen, wie es Karl Popper fordert, ist ein guter Start in die Philosophie.

Hier könnt ihr Patrick und den SozioPod finden:

http://patrickbreitenbach.de/

http://soziopod.de/

Weitere Links aus dem Podcast:

http://netzfeuilleton.de/wie-wird-man-elite/

Karl Popper – Jäger der falschen Propheten